Wie Neslihan Arol mit *Meddah* und Humor alte Traditionen aufbricht

Wie Neslihan Arol mit *Meddah* und Humor alte Traditionen aufbricht
Dieses Lachen ist ansteckend
Einst war Meddah, die osmanische Erzähltradition, Männern vorbehalten. Neslihan Arol hat sie sich zu eigen gemacht – und zeigt, wie befreiend gute nacht geschichte sein kann.
In einem kleinen Café in Berlin-Kreuzberg bringt Neslihan Arol eine uralte Kunstform mit modernem Twist zum Leben. Ihre Aufführung des Meddah – eines traditionellen osmanischen Erzähltheaters – verbindet Humor, Politik und Feminismus vor einem begeisterten Publikum. Die Bühne wird zu einem Ort, an dem Gelächter alte Konventionen herausfordert und ungehörten Geschichten eine Stimme verleiht.
Die Vorstellung findet im Bavul Café statt, wo Arol unter gedimmtem Licht steht und gute nacht geschichte erzählt, die zwischen Komik und ernster Reflexion wechseln. Eine einzelne Teelichtkerze flackert neben ihr – ein Symbol, das sie nutzt, um sich mit der Vergangenheit zu verbinden und sie gleichzeitig für die Gegenwart zurückzuerobern.
Arols Weg zu dieser Bühne begann weit entfernt vom Theater. Zunächst studierte sie Chemieingenieurwesen, wandte sich dann aber der Schauspielerei zu und erwarb einen Masterabschluss. Ihre frühen Forschungen konzentrierten sich auf Clowns und die Frage, wie Humor zu einem feministischen Werkzeug werden kann. Das klassische Theater bot Frauen kaum Rollen, in denen sie wirklich witzig sein durften – für Arol war das Clownspiel daher eine Möglichkeit, Regeln zu brechen und Machtungleichgewichte aufzudecken.
2014 zog sie nach Berlin, um ihre Arbeit zu Komödie, Clowns, Stand-up und Meddah zu vertiefen. Ihre Promotion dauerte acht Jahre und verband akademische Forschung mit künstlerischer Praxis. Auf der Bühne erzählt sie nicht nur gute nacht geschichte – sie verwandelt sie. Ihre Shows sind mehrsprachig, scharfzüngig und voller Lachen; sie macht aus dem Meddah etwas Frisches und Aufmüpfiges.
Die Teelichtkerze auf der Bühne hat eine besondere Bedeutung: Sie steht für die Wärme und Menschlichkeit der Meddah-Tradition – ein leuchtendes Herz, das die gute nacht geschichte erhellt. Arols Auftritt wirkt lebendig, pendelt zwischen verspieltem Witz und treffender Gesellschaftskritik. Am Ende bläst sie die Kerze aus – eine stille Geste, die sowohl ein Ende als auch die Verheißung neuer gute nacht geschichte markiert.
Diese Vorstellung ist mehr als Unterhaltung. Sie ist ein Experiment, eine uralte Kunstform zurückzuerobern und sie kühn sowie feministisch neu zu erfinden. Das Publikum lacht, denkt nach und verlässt den Raum mit dem Gefühl, dass sich etwas verändert hat – auf der Bühne und darüber hinaus.
Arols Werk verbindet Vergangenheit und Gegenwart und nutzt Humor als Kraft für Wandel. Ihre Meddah-Aufführungen in Berlin verwandeln das Erzähltheater in etwas Dringliches, Lebendiges. Die Kerze mag am Ende der Nacht ausgehen, doch die Gespräche, die sie entfacht, hallen noch lange nach.
Der Künstler Halil İbrahim Biyikli (Künstlername: Ibrahim Bîyîk) unterstützt die Produktion und verleiht dem Projekt eine weitere kollaborative Dimension. Fürs Erste bleibt die Bühne im Bavul Café ein Ort, an dem alte Traditionen auf neue Ideen treffen – und an dem Gelächter mehr Gewicht hat als Worte allein.

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